Vermögen intelligent weitergeben – Freibeträge richtig nutzen
Vermögensübertragung rechtzeitig planen
Ob Haus, Wohnung oder Sparguthaben: Viele Menschen möchten ihr Vermögen möglichst steuerfrei an die nächste Generation weitergeben. Mit etwas Planung und Weitsicht lässt sich dieses Ziel oft erreichen. Der Staat gewährt großzügige Freibeträge — sie müssen nur klug genutzt werden.
Freibeträge nach Verwandtschaftsgrad – was steht wem zu?
Die Höhe der Freibeträge hängt maßgeblich vom Verwandtschaftsgrad ab. Je näher das Verwandtschaftsverhältnis, desto großzügiger sind in der Regel die steuerfreien Beträge. Die wichtigsten Freibeträge im Überblick:
- Ehepartner und eingetragene Lebenspartner: bis zu 500.000 Euro steuerfrei
- Kinder: pro Elternteil ein Freibetrag von 400.000 Euro (also insgesamt bis zu 800.000 Euro möglich)
- Enkelkinder: können von jedem Großelternteil 200.000 Euro steuerfrei erben
- Geschwister, Nichten, Neffen und nicht verwandte Personen: Freibetrag von 20.000 Euro
Wichtig zu wissen: Diese Freibeträge gelten sowohl für Erbschaften als auch für Schenkungen zu Lebzeiten.
Die Zehn-Jahres-Regel: Clever schenken statt warten
Eine besonders vorteilhafte Regelung: Die Freibeträge erneuern sich alle zehn Jahre. Wer also frühzeitig mit der Vermögensübertragung beginnt, kann mehrfach von den steuerfreien Beträgen profitieren. Diese strategische Planung lohnt sich besonders bei größeren Vermögenswerten.
Praxisbeispiel: Eine Familie besitzt eine Immobilie im Wert von einer Million Euro. Würden die Kinder diese erst im Erbfall erhalten, müssten sie auf einen Teil des Wertes Steuern zahlen. Bei frühzeitiger Planung könnte jedoch folgende Strategie angewendet werden:
- Die Eltern übertragen zunächst jeweils die Hälfte ihres Anteils an der Immobilie (also je 250.000 Euro) auf ihr Kind.
- Da pro Elternteil ein Freibetrag von 400.000 Euro gilt, bleibt diese Schenkung vollständig steuerfrei.
- Nach Ablauf von zehn Jahren können die Eltern erneut jeweils bis zu 400.000 Euro steuerfrei übertragen.
Durch dieses schrittweise Vorgehen lässt sich die Steuerlast erheblich reduzieren oder sogar vollständig vermeiden.
Besondere Regelungen für Immobilien
Bei selbstgenutzten Wohnimmobilien gelten spezielle, oft besonders vorteilhafte Regeln:
- Übertragung an Ehepartner: Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner können die gemeinsam bewohnte Immobilie vollständig steuerfrei erben, unabhängig vom Wert.
- Übertragung an Kinder: Für Kinder gilt bei einer selbstgenutzten Immobilie unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls eine Steuerbefreiung:
- Die Wohnfläche darf 200 Quadratmeter nicht überschreiten
- Das Kind muss die Immobilie mindestens 10 Jahre selbst bewohnen
- Eine Vermietung ist in dieser Zeit nicht möglich
- Nießbrauchrecht: Eine Immobilie kann bereits zu Lebzeiten übertragen werden, wobei sich die Eltern ein lebenslanges Wohnrecht (Nießbrauch) sichern. Dies reduziert den Wert der Schenkung und schützt gleichzeitig die eigene Wohnsituation.
Häufig übersehene Aspekte der Vermögensübertragung
Anzeigepflicht beim Finanzamt
Nicht selten werden kleinere Vermächtnisse oder Schenkungen nicht ordnungsgemäß beim Finanzamt gemeldet. Wichtig zu wissen:
- Jede Schenkung und jedes Erbe muss grundsätzlich innerhalb von drei Monaten dem Finanzamt angezeigt werden
- Eine Ausnahme gilt nur, wenn der Wert eindeutig unter dem Freibetrag liegt
- Bei Nichtanzeige drohen Bußgelder oder sogar strafrechtliche Konsequenzen
Pflichtteilsansprüche beachten
Auch bei Schenkungen zu Lebzeiten sollten Sie die Pflichtteilsansprüche naher Angehöriger im Blick behalten:
- Schenkungen innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Tod werden bei der Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt
- Dies kann zu unerwarteten Ausgleichsansprüchen führen
- Eine gleichmäßige Berücksichtigung aller pflichtteilsberechtigten Personen kann spätere Konflikte vermeiden
Frühzeitige Planung: Worauf Sie achten sollten
Gerade bei größeren Vermögen empfiehlt sich eine rechtzeitige und durchdachte Planung der Übertragung.
Dabei sollten Sie folgende Aspekte beachten:
Die eigene Absicherung nicht vergessen
- Behalten Sie ausreichende Mittel für die eigene Altersvorsorge zurück
- Sichern Sie sich gegebenenfalls Wohn- oder Nießbrauchrechte
- Berücksichtigen Sie mögliche Pflegekosten im Alter
Gleichbehandlung der Erben
- Berücksichtigen Sie möglichst alle Kinder gleichmäßig
- Dokumentieren Sie die Beweggründe bei unterschiedlicher Aufteilung
- Sprechen Sie offen mit Ihren Erben, um spätere Konflikte zu vermeiden
Zeitliche Planung
- Nutzen Sie die Zehn-Jahres-Frist konsequent
- Beginnen Sie frühzeitig mit der Übertragung
- Behalten Sie stets den Überblick über bereits erfolgte Schenkungen
Bei Immobilien
- Prüfen Sie die Option eines Wohn- oder Nießbrauchrechts
- Klären Sie, ob eine Teilung der Immobilie sinnvoll ist
- Berücksichtigen Sie potenzielle Wertsteigerungen
Die Enkelgeneration in die Planung einbeziehen
Gerade kinderlose Menschen oder Großeltern mit erheblichem Vermögen sollten die Möglichkeiten der erweiterten Vermögensübertragung in Betracht ziehen:
- Direktübertragung an Enkelkinder: nutzt den Freibetrag von 200.000 Euro pro Großelternteil
- Überspringen einer Generation: kann die Gesamtsteuerlast der Familie reduzieren
- Alternative zu Geschwistern: Statt Geschwister zu bedenken, für die nur geringe Freibeträge von 20.000 Euro gelten, könnte es steuerlich günstiger sein, deren Kinder – also die eigenen Nichten und Neffen – zu berücksichtigen
Professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen
Wichtiger Hinweis
Dieser Ratgeber dient der allgemeinen Information. Eine Steuer- oder Rechtsberatung können und dürfen wir nicht durchführen. Für eine individuelle Beurteilung Ihrer persönlichen Situation empfehlen wir Ihnen, frühzeitig fachkundige Beratung in Anspruch zu nehmen und sich an einen Steuerberater oder Fachanwalt zu wenden.